Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen
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Holocaustgedenktag 2012

Als es dann vorbei war, so erzählt es Franz Rosenbach, habe er nicht mehr auf die Straße gehen können. „Wenn Menschen kamen, habe ich mich versteckt.“ Knapp zwei Jahre hatte der 15jährige in Arbeits- und Konzentrationslagern des Nationalsozialismus verbracht, verhaftet von der Straße weg, ohne Grund, ohne Verfahren – weil er Sinto war, „Zigeuner“, wie das im nationalsozialistischen Diskriminierungsjargon hieß.


Herr Rosenbach (den Zeitzeuge) und Herr Schneeberger (der Landesvorsitzenden des Verbandes der Sinti und Roma in Bayern)

40 Jahre lang hat Rosenbach sein Leidensgeschichte verdrängt, heute spricht der jetzt 84jährige leidenschaftlich darüber, unter anderem auch schon vor dem Bayerischen Landtag. Am Montag erzählte er im Schyren-Gymnasium vor über 200 Besuchern über die Schrecknisse jener Jahre.

Ein Projektseminar der 11. Klasse unter Leitung von Veronika Kettner hatte die „Gestaltung einer Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag“ als Inhalt. Den Schwerpunkt auf den planmäßigen Mord an rund einer halben Million Sinti und Roma legte die Gruppe, weil dies „eher die vergessenen Opfer“ seien, wie es in der Anmoderation der Schüler hieß.

Mitglieder des P-Seminars mit Franz Rosenbach und Erich Schneeberger

Franz Rosenbach etwa musste bis 1991 warten, bis er seine deutsche Staatsbürgerschaft wieder erhielt, die ihm als „Zigeuner“ im Dritten Reich aberkannt worden war. In der Gesprächsrunde erläuterte auch Erich Schneeberger, der Landesvorsitzende des Verbands Deutscher Sinti und Roma, die Situation und Anliegen dieser anerkannten Minderheit.

Informationsmaterial aus der Landeszentrale für politische Bildung haben die 13 Schüler gesichtet, in Gruppen bearbeitet und so die Veranstaltung mit der anschließenden Gesprächsrunde inhaltlich vorbereitet und ausgestaltet. Dazu wurden die organisatorischen Aufgaben erledigt, von der Werbung über das Häppchen-Büffet bis zum Abschiedsgeschenk für den Redner.

Als Rosenbach im Alter seiner Gastgeber war, nach eigener Erinnerung bestens integriert in sein niederösterreichisches Heimatdorf, beendete der Besuch zwei Gestapobeamter seine Jugend. In einer irrwitzigen Odyssee durchlitt der 15jährige Reichsbahnlehrling die Stationen nationalsozialistischen Vernichtungswahns, vom Wiener Polizeigefängnis über die Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Buchenwald und Mittelbau-Dora bis zum so geplanten „Todesmarsch“ in den letzten Kriegstagen, auf dem er entkommen konnte.

Die papierenen Namen des Schreckens aus dem Schulunterricht werden für die Schüler lebendig durch Rosenbachs Erinnerungen, die der 84jährige über eine Stunde frei vorträgt. Die Tätowierung seiner Häftlingsnummer auf dem Unterarm ist für jüngere Schüler in der Pause ein beklemmender „Hingucker“. Unter dem Titel „Der Tod war mein ständiger Begleiter“ hat ein Historiker Rosenbachs Leidensgeschichte publiziert. Seine komplette Familie ist in den Nazi-Lagern gestorben.

Links Herr Rosenbach und Herr Schneeberger, rechts Anja Dimmelmeier und Gabriel Kienberger bei der Podiumsdiskussion

Sein innerer Aufschrei beim Betreten von Auschwitz sei gewesen „Franz, da bleibst Du nicht!“, erzählt der Senior. An diesen Gedanken habe er sich all die Monate geklammert, bis zur Rückkehr in die Freiheit, für ihn bis heute unvergesslich markiert durch einen unerhörten Segen: ein Teller warme Kartoffelsuppe. Und jetzt trägt er mit großem Engagement seine Geschichte vor, gebündelt in den Wunsch an seine Gastgeber, „dass ihr frei und anständig leben könnt“.

Klaus Bachhuber