Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen
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Fäden des Schicksals

Mit der Zeit werden die Zusammenhänge klarer: die vergebliche Suche nach einem Hund, der Traum des Gemüsehändlers (Lars Render), er habe noch 24 Stunden zu leben, und die kuriosen Gespräche in der Straßenbahn, die sich um „Typen, die zu klein sind“, drehen und um ein schmelzendes Goldkettchen.


Begleitet vom Chor der Schicksalsschwestern sucht Hans (Peter Sampel) sich selbst. Foto: Scheerer

Roland Schimmelpfennigs Großstadtstück „Greifswalder Straße“, das am 19. 03. 2014 am Schyren-Gymnasium unter dem Titel „24 Stunden. Leben“ Premiere hatte, öffnet zu der Frage, wie die Frist eines Tages zu nutzen ist, ein panoptisches Schatzkästlein, in dem die Frage nach dem Sinn des Daseins vielfarbig funkelt. Die Helden sind „eigentlich ganz normale Typen, aber voll abgedreht“, und 24 Stunden sind allemal genug, um sich auf Gedeih und Verderb in sein Verhängnis zu verlieben.

Schatzkästlein oder Sammelsurium? Anna Maria Schirmer, unterstützt von René Carrié, hat sich an ein Stück gewagt, dessen Szenen assoziativ aneinandergereiht sind. Peripetie und Katastrophe sind wenig motiviert; die Stärken liegen anderswo, nämlich in der Schönheit der Sprache – bisweilen scheint es, als habe man es mit einem inszenierten Gedichtband zu tun – und im Feuerwerk der Absurdität.

Schimmelpfennig findet stets das Abgedrehte im Normalen und umgekehrt; jede Szene für sich lotet diese Spannung aus. Visionär und chiffrenhaft sind seine Bilder. Expressionistisch „kippt die Sonne über den Rand der Stadt“, dabei sind die Dialoge meist aus der Alltagsrealität herauspräparierte Samples voller Tiefe und Poesie, aufgeschnappt in öffentlichen Verkehrsmitteln: massig Stoff für Freudianer und für Gourmands des feinen Humors.

Schirmer hat sich selbst im letzten Schuljahr mit Aristophanes' „Die Vögel“ die Latte sehr hoch gesetzt, nämlich an die Obergrenze des auf dem Schultheater Machbaren, und ihre Truppe agiert weiter auf hohem Niveau. Markenzeichen ist die vorzügliche Verzahnung von Bühnenhandlung, Bildeinspielung und ausgefeilter Choreografie. Schlicht atemberaubend ist die Solodarbietung von Peter Sampel, der „einen Ohrwurm oder Brechreiz“ aus sich heraustanzt; selten hat man das, was sich den Worten entzieht, so dicht und so greifbar auf der Schulbühne vor sich gesehen. Sara Bendzko geistert eindrucksvoll als Mädchen, das seinen Tod nicht mitbekommen hat, über die Bretter, und Veronika Grunau gibt als „Giraffe“ eine verstörend unnahbare Femme Fatale.

Die achtzehn Akteure des Schyren-Theaters spielen routiniert und mit großer Disziplin; beim Chor der Schicksalsschwestern (Deborah Weber, Clara Sendtner und Anna Hofmann) meint man es schlechterdings mit einem einzigen Wesen zu tun zu haben, besonders stark ist die Inszenierung, wo einem die Darsteller gleichsam als Glieder eines einzigen Körpers entgegentreten – dieses Pfaffenhofener Theaterereignis sollte man sich nicht entgehen lassen.

© Roland Scheerer, Pfaffenhofen, 2014

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