Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen
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"Gentechnik im Widerstreit der Meinungen"
Wenn die Diskussion nach einem Vortrag länger dauert als das Referat und dennoch immer sachbezogen bleibt, ist das ein Zeichen für die Sachkompetenz des Referenten, aber auch für das Interesse der Zuhörer. Beides war beim Vortragvon Roger J. Busch "Gentechnik und/oder Umweltschutz" am Mittwochabend im Mehrzweckraum des Schyren-Gymnasiums gegeben. Hermann Kaplan, der Fachbetreuer für Biologie, konnte dazu einen zwar nicht übermäßig großen, aber dafür umso aufgeschlosseneren Zuhörerkreis begrüßen.

Roger J. Busch erklärte kurz seine Wirkungsstätte, das Institut für Technik, Theologie und Naturwissenschaften an der Universität München, das sich auch mit der ethischen Beurteilung neuer Technologien, vor allem  der Gentechnik, beschäftigt. Er ging dann in seinem Referat besonders auf die "grüne Gentechnik", also den Einsatz der Gentechnik bei Kulturpflanzen, ein. Viele Leute stellten die Frage: "Was geht das mich an?", würden aber immer wieder aufgerüttelt durch Protestaktionen, z.B. von Greenpeace, und verspürten ein Bedürfnis nach Sicherheit und Orientierung. Dabei tauchten neue Fragen auf: "Wer steuert das Schiff "Fortschritt"? Welchen Experten kann man eigentlich vertrauen?" Hierüber habe sich ein ritualisierter Steit von Befürwortern und Gegnern der Gentechnik entwickelt, der in immer wieder gleicher Form bei verschiedenen Veranstaltungen in Deutschland auftauche, von denen es ca. 150 pro Jahr bei uns gebe. Dabei legten viele Menschen große Vorsicht gegenüber gentechnisch veränderten Pflanzen an den Tag, während man bei exotischen Früchten diese Bedenken nicht habe. So seien etwa mit den Kiwi viele Allergien nach Europa gekommen, die bisher hier unbekannt waren.

Dabei argumentieren Befürworter und Gegner, wie Busch erläuterte, nicht in den gleichen Bereichen. Die Befürworter brächten die Gebiete "Gesundheit", "Vernunft" und "Wohlstand" zur Sprache, die Gegner "Natur", "Macht" und "Gefährdung". In jedem dieser Bereiche unterstelle man der anderen Seite jeweils negative Absichten und Eigenschaften, wie der Referent an Beispielen erklärte.
Man rede also aneinander vorbei, aber es gebe wichtige Kriterien, auf die man bei einer Bewertung achten solle: 1. Sachkenntnis der jeweiligen Sprecher, 2. Plausibilität der Argumentation; Forschung sei z.B. verpflichtet, auch zum Wohl anderer Neues zu entwickeln, 3. Transparenz der Aktionsbasis, also: "Wer spricht eigentlich für wen und in wessen Auftrag?" und 4. Rückhalt in der "scientific communitiy", also die wissenschaftliche Anerkennung durch andere Fachleute.

Bei der ethischen Beurteilung der Gentechnik an Pflanzen müsse man, so fuhr Busch fort, sehen, dass ca. 30 % Pflanzenschutzmittel eingespart werden könnten, die Entwicklung neuer Kulturpflanzen möglich sei, etwa zur Kunststoffherstellung, die Ernährung der steigenden Weltbevölkerung trotz zurückgehender Anbauflächen und Wasserknappheit nicht anders für die nächsten Generationen gesichert werden könne und auch der Abbau von Schadstoffen zumindest erleichtert werden könne, obwohl hier vieles noch in der Entwicklung sei und die Probleme dadurch nicht völlig gelöst werden könnten.
Natürlich müsse man auch "noch ein wenig ändern, bevor man Gentechnik einsetzt. Unter "public anderstanding of science" sei einerseits zu verstehen, dass man sich von Seiten der Forschung bemühen müsse, die Gentechnik der Allgemeinheit verständlich zu machen, dass aber die Wissenschaft auch auf das Denken der Leute eingehen müsse. Die Ethik frage auch im Bereich der Gentechnik nach den Grundlagen menschlichen Handelns, ihr Ziel sei das "gemeinsame gute Leben". Der Horizont müsse daher global sein, viele Bereiche, nämlich Naturwissenschaft, Technik, Wirtschaft, Politik und Ethik müssten zusammen arbeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Daher müssten die Produkte der Gentechnik hohen Ansprüchen genügen: der Ökologie-Verträglichkeit, also dem Umweltschutz, der Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit, sie müssten bei Fehlentwicklungen reversibel, also durch andere ersetzbar sein, und sie dürften nicht nur in einem Bereich lebensfähig sein und müssten Alternativen immer Raum lassen. Man dürfe also nicht Agrarkultur aus Industriestaaten einfach in andere Kulturkreise exportieren, wo sie vielleicht gewachsene Strukturen zerstören würden.

Mit der Aussage "In Deutschland gibt es keine Probleme, mit Forschungseinrichtungen über diese Themen ins Gespräch zu kommen" schloss Roger J. Busch sein Referat, für das er viel Beifall erhielt.

In der ausführlichen Diskussion wurde unter anderem die Frage gestellt, ob es ethisch vertretbar sei, ausgestorbene Lebewesen mit Hilfe der Gentechnik wieder ins Leben zu rufen, worauf der Referent meinte, es mache wohl keinen Sinn, solche Lebewesen in einer Umwelt zu reproduzieren, wegen deren Veränderung sie ja ausgestorben seien. Als reines Schauobjekt wie im "Jurassic Parc" sei ein Tier seiner Würde beraubt. Auch auf die anderen gestellten Fragen gab der Referent Antworten, bei denen man spürte, dass hinter allem ethisches Denken aus Überzeugung stand. Es war ein Vortrag, der sich lohnte.
(Erich Gruber)


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