Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen
Niederscheyerer Straße 4 • 85276 Pfaffenhofen an der Ilm
Telefon: 08441 898120 Fax: 08441 898115 • E-Mail an die Schulleitung, das Sekretariat, die Verwaltung(1): kontakt@schyren-gymnasium.de Anfahrt: google |
||
Wenn die Diskussion nach einem Vortrag länger dauert als das Referat und dennoch immer sachbezogen bleibt, ist das ein Zeichen für die Sachkompetenz des Referenten, aber auch für das Interesse der Zuhörer. Beides war beim Vortragvon Roger J. Busch "Gentechnik und/oder Umweltschutz" am Mittwochabend im Mehrzweckraum des Schyren-Gymnasiums gegeben. Hermann Kaplan, der Fachbetreuer für Biologie, konnte dazu einen zwar nicht übermäßig großen, aber dafür umso aufgeschlosseneren Zuhörerkreis begrüßen.
Roger J. Busch erklärte kurz seine Wirkungsstätte, das Institut für Technik, Theologie und Naturwissenschaften an der Universität München, das sich auch mit der ethischen Beurteilung neuer Technologien, vor allem der Gentechnik, beschäftigt. Er ging dann in seinem Referat besonders auf die "grüne Gentechnik", also den Einsatz der Gentechnik bei Kulturpflanzen, ein. Viele Leute stellten die Frage: "Was geht das mich an?", würden aber immer wieder aufgerüttelt durch Protestaktionen, z.B. von Greenpeace, und verspürten ein Bedürfnis nach Sicherheit und Orientierung. Dabei tauchten neue Fragen auf: "Wer steuert das Schiff "Fortschritt"? Welchen Experten kann man eigentlich vertrauen?" Hierüber habe sich ein ritualisierter Steit von Befürwortern und Gegnern der Gentechnik entwickelt, der in immer wieder gleicher Form bei verschiedenen Veranstaltungen in Deutschland auftauche, von denen es ca. 150 pro Jahr bei uns gebe. Dabei legten viele Menschen große Vorsicht gegenüber gentechnisch veränderten Pflanzen an den Tag, während man bei exotischen Früchten diese Bedenken nicht habe. So seien etwa mit den Kiwi viele Allergien nach Europa gekommen, die bisher hier unbekannt waren.
Dabei argumentieren Befürworter
und Gegner, wie Busch erläuterte, nicht in den gleichen Bereichen.
Die Befürworter brächten die Gebiete "Gesundheit", "Vernunft"
und "Wohlstand" zur Sprache, die Gegner "Natur", "Macht" und "Gefährdung".
In jedem dieser Bereiche unterstelle man der anderen Seite jeweils negative
Absichten und Eigenschaften, wie der Referent an Beispielen erklärte.
Man rede also aneinander
vorbei, aber es gebe wichtige Kriterien, auf die man bei einer Bewertung
achten solle: 1. Sachkenntnis der jeweiligen Sprecher, 2. Plausibilität
der Argumentation; Forschung sei z.B. verpflichtet, auch zum Wohl anderer
Neues zu entwickeln, 3. Transparenz der Aktionsbasis, also: "Wer spricht
eigentlich für wen und in wessen Auftrag?" und 4. Rückhalt in
der "scientific communitiy", also die wissenschaftliche Anerkennung durch
andere Fachleute.
Bei der ethischen Beurteilung
der Gentechnik an Pflanzen müsse man, so fuhr Busch fort, sehen, dass
ca. 30 % Pflanzenschutzmittel eingespart werden könnten, die Entwicklung
neuer Kulturpflanzen möglich sei, etwa zur Kunststoffherstellung,
die Ernährung der steigenden Weltbevölkerung trotz zurückgehender
Anbauflächen und Wasserknappheit nicht anders für die nächsten
Generationen gesichert werden könne und auch der Abbau von Schadstoffen
zumindest erleichtert werden könne, obwohl hier vieles noch in der
Entwicklung sei und die Probleme dadurch nicht völlig gelöst
werden könnten.
Natürlich müsse
man auch "noch ein wenig ändern, bevor man Gentechnik einsetzt. Unter
"public anderstanding of science" sei einerseits zu verstehen, dass man
sich von Seiten der Forschung bemühen müsse, die Gentechnik der
Allgemeinheit verständlich zu machen, dass aber die Wissenschaft auch
auf das Denken der Leute eingehen müsse. Die Ethik frage auch im Bereich
der Gentechnik nach den Grundlagen menschlichen Handelns, ihr Ziel sei
das "gemeinsame gute Leben". Der Horizont müsse daher global sein,
viele Bereiche, nämlich Naturwissenschaft, Technik, Wirtschaft, Politik
und Ethik müssten zusammen arbeiten, um dieses Ziel zu erreichen.
Daher müssten die Produkte der Gentechnik hohen Ansprüchen genügen:
der Ökologie-Verträglichkeit, also dem Umweltschutz, der Wirtschaftlichkeit
und Sozialverträglichkeit, sie müssten bei Fehlentwicklungen
reversibel, also durch andere ersetzbar sein, und sie dürften nicht
nur in einem Bereich lebensfähig sein und müssten Alternativen
immer Raum lassen. Man dürfe also nicht Agrarkultur aus Industriestaaten
einfach in andere Kulturkreise exportieren, wo sie vielleicht gewachsene
Strukturen zerstören würden.
Mit der Aussage "In Deutschland gibt es keine Probleme, mit Forschungseinrichtungen über diese Themen ins Gespräch zu kommen" schloss Roger J. Busch sein Referat, für das er viel Beifall erhielt.
In der ausführlichen
Diskussion wurde unter anderem die Frage gestellt, ob es ethisch vertretbar
sei, ausgestorbene Lebewesen mit Hilfe der Gentechnik wieder ins Leben
zu rufen, worauf der Referent meinte, es mache wohl keinen Sinn, solche
Lebewesen in einer Umwelt zu reproduzieren, wegen deren Veränderung
sie ja ausgestorben seien. Als reines Schauobjekt wie im "Jurassic Parc"
sei ein Tier seiner Würde beraubt. Auch auf die anderen gestellten
Fragen gab der Referent Antworten, bei denen man spürte, dass hinter
allem ethisches Denken aus Überzeugung stand. Es war ein Vortrag,
der sich lohnte.
(Erich Gruber)
Zur Startseite des SGP