Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen
Niederscheyerer Straße 4 • 85276 Pfaffenhofen an der Ilm Telefon: 08441 898120 
Fax: 08441 898115  •  E-Mail an die Schulleitung, das Sekretariat, die Verwaltung(1):
kontakt@schyren-gymnasium.de
Anfahrt: google                                      







 



Das bayerische Troja - Bernstorf

Fernsehfilm: „Die Bernsteinstraße. Bernstein - Gold des Meeres. Verborgene Handelswege zwischen Ostsee und Nil.“

Arte: Samstag, 2.6.2012 um 20:15 Uhr
ZdF: jeweils Sonntag, 14.10. und 21.10. um 19:30 Uhr (Terra X )

Auch wir sind Mykene

Manfred Moosauer berichtet über sensationelle Bronzezeitfunde im nahen Bernstorf


© Bild: Roland Scheerer, 2012

Wie Puzzleteile fügen sich die Funde zusammen. Das zum Diadem verarbeitete Gold stammt zweifelsfrei aus Ägypten, und die in den Bernstein geritzten Schriftzeichen waren auch in Mykene in Gebrauch. Bernstorf nahe Allershausen, gerade 20 Kilometer von Pfaffenhofen entfernt, entpuppt sich zusehends als bedeutendste derzeit bekannte Bronzezeitsiedlung nördlich der Alpen. Eine lokale Sage hat schon lange von einer „untergegangenen Stadt“ wissen wollen, als das Areal 1904 erstmals ins Blickfeld der Archäologie gerät.

Manfred Moosauer hat sich unter den Archäologen etabliert. Am 13. 02. 2012 fasste der studierte Mediziner den Stand der Forschung bei einem multimedial aufbereiteten Vortrag am Schyren-Gymnasium zusammen: Auf Einladung von Geschichtsfachbetreuerin Agnes Reuß entwirft er vor etwa 50 interessierten Zuhörern das Bild einer gesamteuropäischen, vom Schwarzmeer- zum Ostseeraum reichenden Kultur, nennt Bernstorf in einem Atemzug mit dem Schliemannschen Troja, dessen Flächenausdehnung es erreicht.

Immer deutlicher zeichnet sich Bernstorf als bedeutender Knotenpunkt im Netz der frühen Fernhandelswege ab. Hier werden Bernstein, Gold oder Kupfer transportiert; es gibt europaweit gültige Gewichtseinheiten für Metalle, eine Vorstufe unseres Geldes. Die um 1360 v. Chr. befestigte Ansiedlung in der Gemeinde Kranzberg verfügt über einen mit hoher Kunstfertigkeit und erstaunlichem Materialeinsatz verfertigten Verteidigungswall aus Lehm und Eiche, ist strategisch günstig über dem Ampertal gelegen und durch Zangentore und ein Grabensystem gesichert.

Die gewaltige Befestigungsanlage brennt schließlich nieder; ihr Umriss ist zweifelsfrei auf geomagnetischen Abbildungen nachzuweisen. Eine Parallele zum Trojanischen Krieg? Rituelle Aufgabe des Siedlungsplatzes? Die Gründe für das Inferno sind unbekannt. Bekannt ist aber, wie das Niederbrennen des Walls von Statten ging: Unter Moosauers Aufsicht wird jüngst ein eigens rekonstruierter Abschnitt des Bauwerks durch Feuer zerstört. So erhält die Forschung wertvolle Erkenntnisse zur Deutung der Grabungsfunde.

Nun ist Moosauer auch ein von Leidenschaft Getriebener, und sein Vortrag ist mehr als ein fachwissenschaftliches Referat. Man ahnt, dass mit dem Niederbrennen einer sechs Meter hohen, aus mehreren Tonnen Holz bestehenden Wallreplik unausgesprochen eine Grenze berührt wird. Die Grenze nämlich zwischen experimentelle Archäologie und kultischer Opferhandlung.

Hinzu kommt eine menschliche Dimension; Moosauer verzweigt gern zu Anekdoten, die um den Konflikt zwischen Forschung und den Interessen der örtlichen Kiesgrubenbetreiber kreisen, um Zerstörung und Unterschlagung von Funden, wo die Archäologie den Unternehmerinteressen im Weg war. Er lässt es sich nicht nehmen, vom Auffinden des Goldschatzes im Jahre 1998 zu erzählen, dessen Schimmern unterhalb einer Baumwurzel er zunächst für das „Glänzen eines Guatlpapiers“ gehalten habe, und bedient mit dem Schatzfund einen Archetypus des Storytelling.

Das sind Töne, die man von einem Zunftgelehrten nicht hören wird und die das Ihre zur Faszination des „Abenteuers Bronzezeit“ beitragen. Nicht die Sache allein macht es, es kommt schon auch darauf an, wer sie vermittelt.

Das multimediale Bronzezeit-Museum in Kranzberg, das gerade entsteht, soll vor allem Schulkinder für die Vorzeit begeistern. Der „Geist von Mykene“, sagt Moosauer, ist in ganz Zentraleuropa spürbar. Dass die bronzezeitliche Bevölkerung spurlos verschwunden sei, hält er für ausgeschlossen; er zählt die Leute von Bernstorf – unbeschadet aller späteren Wanderungsbewegungen -, zu unseren Vorfahren.

Text: © Roland Scheerer, 2012


»Es geht eine Sage, dass zwischen Tünzhausen, Bernstorf und Kranzberg eine versunkene Stadt liegt«. Joseph Grassinger, 1864

Manfred Moosauer, der Wiederentdecker des bayerischen Troja, vor einem Nachbau der Befestigungsanlage in Bernstorf

Befestigung

Die Fachschaft Geschichte des Schyren-Gymnasiums bei den Ausgrabungen in Bernsdorf

Gegenstände aus der Bronzezeit

Bernsteinfunde aus Bernstorf

Bernstein mit Schriftzeichen, die man ansonsten in Mykene findet, aus Bernstorf

Das Kronendiadem aus Gold, das aus Ägypten stammt

Man geht davon aus, dass Bernstorf - im Landkreis Freising - urplötzlich aufgegeben wurde, die hölzernen Befestigungen wurden offensichtlich zu einem Zeitpunkt in Brand gesetzt. Und von einer untergegangenen Stadt erzählten sich die Menschen in der Umgebung von Bernstorf noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts.

Am 13. Februar berichtet Manfred Moosauer – ursprünglich ein Hobby-Archäologe, der mittlerweile von der Fachwissenschaft voll anerkannt wird - über die Entdeckung der bronzezeitlichen Siedlung Bernstorf, die auf seinen unermüdlichen Einsatz zurückzuführen ist. Im Lauf vieler Jahre, auch im Kampf gegen die vollständige Zerstörung des Fundgeländes durch den Kiesabbau in Kranzberg, gelang es ihm und seinen Helfern, Teile der größten bronzezeitlichen Siedlung nördlich der Alpen freizulegen.

Besonders bemerkenswert ist der Fund eines goldenen Kronendiadems und der eines Bernsteins mit mykenischen Schriftzeichen. Diese Objekte belegen die Beziehungen der Siedlung nach Griechenland. Das Gold des Kronendiadems und das anderer Gewandbesätze stammt wahrscheinlich aus Ägypten und beweist, dass unsere Region schon um 1400 v.Chr. durch Handelsbeziehungen mit dem Mittelmeerraum verbunden war.

Die Funde legen nahe, dass Mitteleuropa im 2. Jahrtausend vor Christus keineswegs „primitiv“ war, sondern als durchaus gleichrangig mit den mediterranen Regionen anzusehen ist. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hält den Fundplatz für so wichtig, dass sie seit Jahren eine Grabungskampagne der Universität Frankfurt am Main finanziert.

Hintergrundinformationen:


Der Vortrag von Manfred Moosauer findet am Montag, den 13. 02. 2012, um 19:30 Uhr in der Aula des Schyren-Gymnasiums statt. Der Eintritt ist frei.

Rechte an sämtlichen Bildern: © Manfred Moosauer - Text: © Agnes Reuß und Hans-Georg Haehnel, Pfaffenhofen 2012