Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen
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Den polnischen Partnerlandkreis Tarnów besuchte am Montag, den 10. Juli, eine Delegation des Schyren-Gymnasiums. Der aus Landkreismitteln geförderte Abstecher war für die fünf Zwölftklässler eine der Hauptstationen auf ihrer Studienfahrt nach Krakau und Prag.
Die Pfaffenhofener Kollegiaten mit Landrat Zbigniew Karcinski und dem Leiter
ihrer Studienfahrt, Roland Scheerer (r.), sowie polnischen Schülerinnen und
Deutschlehrer Rafal Szydlowski (l.)
Die Gruppe wurde von dem sie begleitenden Deutschlehrer Rafal Szydlowski in
den Sitzungssaal des Landratsamtes geführt, wo Landrat Zbigniew Karcinski sie
persönlich begrüßte. Dieser nahm sich viel Zeit für die
bayerischen Gäste und zeigte sich beeindruckt von den Kenntnissen über
die gegenwärtige politische Situation in Polen, die die Pfaffenhofener Delegation
durch ihre zahlreichen Fragen unter Beweis stellte. Zunächst dominierte
freilich die Fußball-Weltmeisterschaft das Gespräch zwischen Schülern
und Landrat: So scheint es, dass das polnische Nationalteam einer grundlegenden
Reorganisation bedarf, bevor es in zukünftigen Turnieren wird Erfolge erringen
können; die Spiele selbst wurden in Tarnów vor allem in Gaststätten
verfolgt; eine öffentliche Übertragung auf Großleinwand fand
nicht statt. Die in Deutschland aufgekommene Flaggen-Begeisterung, über
die die polnische Presse ausführlich berichtete, wird von den allermeisten
Polen als Beweis für einen natürlichen, nicht instrumentalisierten
Patriotismus begrüßt.
Ebenso bewertet auch die große Mehrzahl der Polen die EU-Mitgliedschaft
als Erfolg; die Vorteile seien allgemein sichtbar; viele Wirtschaftszweige profitierten
von den Fördermitteln. Deshalb, so Karcinski, müsse die Integration
noch stärker vorangetrieben und ein möglichst schneller Beitritt Polens
zur Euro-Zone ins Auge gefasst werden. Überhaupt bestimmt zurzeit das Thema
EU das politische Leben im Landkreis Tarnów: Ganz oben auf der Tagesordnung
steht die Frage, wie die Regierung in Warschau dazu bewogen werden kann, einen
für Südostpolen und den Landkreis günstigeren Verteilungsschlüssel
für die zugesagten EU-Millionen zu beschließen; die jetzige Regelung
bevorzuge die reicheren Regionen Polens.
In Landkreis Tarnów, so erfuhren
die Schüler, ist der Arbeitsplatzmangel nach wie vor ein großes Problem;
offene und „versteckte“ Arbeitslosigkeit werden zusammen auf 22%
geschätzt. Viele junge Menschen verlassen die Region, um anderswo eine Beschäftigung
zu finden, nicht wenige von ihnen sind als Saisonkräfte in Pfaffenhofen
und Umgebung beschäftigt.
Äußerst kritisch bewertete Landrat Karcinski den Schülern gegenüber
die derzeitige Warschauer Regierungskoalition: Die Brüder Kaczynski drohten
Polen international in die Isolation zu führen; dass die national-populistische
Koalition habe ans Ruder gelangen können, sei unter anderem dem Umstand
zu verdanken, dass ausgerechnet gebildetere, dynamische Bevölkerungsschichten
sich an den Wahlen wenig beteiligt hätten, da deren Interesse eher den Chancen
im Ausland gelte.
Was die neue Familienpolitik angeht, so sei eine von der Regierung
beschlossene Prämie für jedes Neugeborene wenig Erfolg versprechend;
gerade solche Familien, die am Rande der Armut lebten, würden womöglich
um der Prämie willen Nachwuchs in die Welt setzten, den sie später
nur schwer versorgen könnten.
Auf die Frage nach den aussichtsreichsten Wirtschaftszweigen im Landkreis Tarnów
nannte der Landrat einerseits den Verwaltungs- und Dienstleistungssektor, andererseits
die erstarkende Tourismusbranche: Von Tarnów aus ist das Hochgebirge der
Tatra ebenso leicht erreichbar wie die Kulturmetropole Krakau; im Sommer sind
Floßfahrten auf dem Fluss Dunajec („kleine Donau“) ein ganz
besonderes Erlebnis.
Für die polnischen Schülerinnen, die während ihrer Sommerferien
zu dem Treffen erschienen waren, führten die Pfaffenhofener Kollegiaten
einen Deutsch-Lesewettbewerb durch - allerdings hatten sie nicht damit gerechnet,
anschließend selbst ihre Grundkenntnisse in der polnischen Aussprache unter
Beweis stellen zu müssen!
Der alte jüdische Friedhof von Tarnów ist Besuchern normalerweise nicht zugänglich.
Im weiteren Verlauf des Besuchs wurden - nach einem Referat von Rafal Szydlowski
und seinen Schülerinnen zur Geschichte der Region - die Altstadt und die
Stadtpfarrkirche, die Überreste der Synagoge und der alte jüdische
Friedhof besichtigt; bei einem abschließenden Essen mit typisch polnischen
Gerichten wurden Möglichkeiten eines baldigen Schüleraustausches diskutiert;
so wird eine Gruppe von Schülern aus Tarnów möglicherweise schon
im Herbst Pfaffenhofen besuchen können.
Roland Scheerer
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