Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen
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Der DDR-Alltag - Zeitzeugen erinnern sich

Schülerinnen und Schülern und interessierten Eltern ihren Alltag in der DDR zu schildern, dazu lud die Fachschaft Geschichte des Schyren-Gymnasiums unter dem Titel „DDR-Souvenirs“ fünf Zeitzeugen ein.

Moderiert von Dr. Lorenz Kettner erzählten Dr. Irmgard Schultz, geboren 1939, von ihrer Ausbildung zur Internistin, die Zahntechnikerin Birgit Kögel, geboren 1972 in Erfurt, von ihrem Wunsch, Kunst zu studieren, und der Ergotherapeut Markus Pfeiffer, Jahrgang 1960, von seinem Werdegang, der ihn aus Leipzig als Instandhaltungsmechaniker der Deutschen Reichsbahn über eine Ausbildung zum Goldschmied bis nach Pfaffenhofen führte. Daneben war das Podium besetzt von der Deutsch- und Geschichtslehrerin am Schyren-Gymnasium Livia Schleßing, Magdeburg 1970, und Hermann Weiss, geboren 1931, der sich seit 1958 beruflich mit den inneren Verhältnissen der DDR beschäftigte.

Allein mit den Biographien der aus verschiedenen Generationen stammenden Zeitzeugen könnte man Seiten füllen. Während Schleßing auf eine klassische DDR-Karriere zurückschauen konnte, die sie reibungslos über die Erweiterte Oberschule zum Lehramtsstudium führte, zeigte sich bei Kögel und Pfeiffer eine stärkere Einflussnahme des Staates auf den beruflichen Werdegang im Sinne einer bedarfsgerechten Lenkung der Berufswege. Dass eine SED-Mitgliedschaft in den konservativen Medizinerkreisen an den Universitäten nicht positiv gewertet wurde, berichtete Dr. Schultz, die mit 18 Jahren von einem Lehrer für diese Partei gewonnen wurde: „Ich wollte mitgestalten und nicht daneben stehen, als es in den fünfziger Jahren aufwärts ging. Kritische Diskussionen wurden damals in der Partei geführt und ich lernte dort viele wertvolle, fleißige Menschen kennen. Als es zu anderen Auffassungen kam, war ein Austritt aus der Partei nicht möglich.“

Zur Schule wurde übereinstimmend festgestellt, dass der Russischunterricht didaktisch schlecht war, man Puschkin lesen, aber die Gegenstände auf dem Mittagstisch nicht beschreiben konnte. Arbeiter- und Bauernkinder wurden ganz bewusst gefördert. In Geschichte ging es darum, dass sie von Völkern und nicht von Herrschern gemacht wird. „Meine Lehrer nannten das Sklavenhaltergesellschaft, was ich heute als den Aufstieg der attischen Demokratie meinen Schülern vermittle“, meinte Schleßing. Birgit Kögel, die sowohl zur Jugendweihe als auch zur Konfirmation ging, lehnte im Wehrkundeunterricht den Handgranatenweitwurf ab, da er nicht zu einem friedliebenden Staat passe. Die evangelische Kirche stellte nach ihrer Auffassung für viele einen Zufluchtsort und ein sicheres Areal dar, wenn man in Jugendgottesdiensten eine politische Predigt hören oder Gleichgesinnte treffen wollte.

Sie sei in eine für sie normale Zweigleisigkeit hineingewachsen, da bereits ihre Eltern kirchlich gebunden gewesen seien – so Kögel. Auch Markus Pfeiffer lebte stets mit der Frage, wozu gehört einer, den man trifft, auf die unabhängige oder auf die Staatsseite? So gesehen war man „als Ossi“ misstrauischer und wundert sich heute im Westen manchmal über unkritische Haltungen: „Wir waren schon mal wach!“ – so Pfeiffer. Auf die Versorgungslage angesprochen stellte er fest, dass niemand gehungert habe und die Grundnahrungsmittel und das Wohnen für heutige Verhältnisse unvorstellbar preisgünstig gewesen seien. Allerdings seien die fehlenden Reisemöglichkeiten ein wichtiger Grund für die Unzufriedenheit der Bürger gewesen.


V.l.n.r.: Weiss, Schleßing, Dr. Kettner, Kögel, Pfeiffer, Dr. Schultz

Ab 1978 kam es  - so Hermann Weiss – am Berliner Alexanderplatz immer wieder zu spontanen Aufläufen renitenter Jugendlicher, die nach dreißig Minuten in der Regel von Spezialeinheiten des Wachregiments aufgelöst wurden. Auch die Zahl der Ausreisewilligen stieg an. Manche, die einen Ausreiseantrag gestellt hatten, mussten oft innerhalb von 24 Stunden das Land verlassen.
Die Wende kam für alle überraschend. „Plötzlich galt nichts mehr, worauf wir stolz waren.“ „Es war ein Heimatverlust – denn es war unser Zuhause, unser Land.“ „Es fehlte nach der Wende die Anerkennung für anständiges, persönliches Engagement.“ „Traurig macht, dass es Dinge gab, die in der DDR fairer abgelaufen sind als hier- kulturelle Errungenschaften wurden platt gemacht. – Betreuungseinrichtungen für alle Kinder – die hatten wir schon einmal“ - so Aussagen aus der Schlussrunde. Aber das Rad der Zeit zurückdrehen wollte keiner.

Bilder und Text: © Hans-Georg Haehnel, Pfaffenhofen 2010


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